I.1.1. Zum Begriff der Ordnungspolitik Umweltpolitik kann auch als Ordnungspolitik begriffen werden. Es soll also ein Ordnungsrahmen mit klaren Spielregeln gesetzt werden, innerhalb dessen sich die Akteure frei bewegen können. Demgegenüber die die heutige Politik diskretionär, agiert also reaktiv und von Fall-zu-Fall, als Maßnahmenpolitik. Ordnungspolitik setzt einen starken Staat voraus. Bestimmte Grundsätze müssen eingehalten werden. Zu diesen zählen u.a.: (1) Heutzutage nehmen gut organisierte Sonderinteressen die staatlichen Akteure "gefangen" (Lobbyismus, "weiße Korruption" etc.). Die Partikularinteressen werden dann auf Kosten schlecht organisierter Gruppen oder der Allgemeinheit durchgesetzt. Es bedarf daher einer strikten Trennung zwischen Staat und Sonderinteressen (die meist aus der Wirtschaft stammen). Der Staat soll seine Entscheidungen zwar unter Kenntnis, aber nicht unter dem Einfluss der Sonderinteressen treffen. (2) Wir erachten es als zivilisatorischen Fortschritt, dass dem Staat das Monopol über die Ausübung von Gewalt übertragen wurde. Gegenüber Macht sind wir jedoch weniger sensibel. Macht - als die "kleine Schwester der Gewalt" wird häufig sogar als legitim angesehen. Allerdings wußten schon die Ordoliberalen: Ist der Geist (die Macht) erst einmal aus der Flasche, kann sie schwerlich eingedämmt werden. Private Macht darf am besten gar nicht erst entstehen (z.B. "systemrelevante", große Banken, private Monopole an Versorgungsnetzen etc.). Der Staat sollte nicht nur das Gewalt-, sondern auch das Machtmonopol haben. (3) Die unter (1) angesprochene Privatisierung von Gewinnen, aber Sozialisierung von (Risiko-) Kosten findet über ein organisiertes System der Verantwortungslosigkeit statt. Hierbei spielen Haftungsbegrenzungen und Haftungsverschiebungen eine wesentliche Rolle. Dies reicht von Gesellschaften mit beschränkter Haftung über AGBs bis hin zu Finanzprodukten, bei denen niemand mehr beschränkt haftet. In einer Marktwirtschaft sollte jedoch der Grundsatz gelten: Wer ein Risiko in die Welt setzt oder an eine andere Person weiterreicht, sollte auch für dieses Risiko PERSÖNLICH haften. (4) Der Staat sollte in die Lage versetzt werden, seine Aufgaben zu erfüllen. Im Rahmen der neoliberalen Ideologie wurde der Staat immer weiter abgebaut. Das Vakuum wurde mit privater Macht gefüllt, auf Kosten der Allgemeinheit. Die verbliebenen Beamten haben nicht mehr die Kompetenz und Zeit, eigenständig Gesetzesvorlagen zu entwickeln, Kontrollaufgaben (Umwelt, Lebensmittel ect.) zu erfüllen etc. Auch Public-Private-Partnership ist in einigen Bereichen diesbezüglich kritisch zu sehen. Weitere Informationen: 1. Textauszug aus dem Buch:
2. Fritz Andres über Ordnungspolitik:
3. Link zur Homepage von LobbyControl: I.2.1. Das Nachhaltigkeitsziel „Nachhaltigkeit“ ("sustainability") ist zum Modewort geworden. Kaum eine Politikerrede, in der das Wort ausgespart bleibt. Letztlich kann sich das gesamte politische Spektrum auf den Nachhaltigkeitsbegriff einigen, weil er hinsichtlich der mit den sozialen Implikationen eng verknüpften Verteilungsfragen inhaltsleer ist. „Es ist die konzeptionelle Indifferenz gegenüber Macht- und Verteilungsfragem, die der Brundtland-Formel den Weg in Regierungskanzleien und Vorstandsetagen geebnet hat.“ (Wuppertal Institut, Fair Future). Diese Indifferenz ist zugleich die Stärke und Schwäche des Nachhaltigkeitsbegriffes. Einigkeit besteht allerdings insoweit, als dass Nachhaltigkeit die ökonomische, ökologische und soziale Dimension erfassen muss. Dementsprechend behandelt unser Buch folgende Ebenen und Aspekte vor dem Hintergrund des folgenden Verständnisses: In der Umweltökonomie wird der Begriff der Nachhaltigkeit noch einmal in einem anderen Kontext diskutiert: Weitere Informationen: 1. Ernst-Ulrich Köpf "Nachhaltigkeit - Ein Grundprinzip der Forstwirtschaft, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, Juni 2003, 137. Folge:
2. Hans Diefenbacher: Lokale Agenda 21 - Zielsetzung, Nachhaltigkeitsberichte, Projekte, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, Juni 2003, 137. Folge:
3. Auszug aus dem Living Planet Report 2008 (Vergleich der ökologischen Fussabdrücke verschiedener Länder): 5. Vgl. auch die Infos unter http://www.umweltdebatte.de I.2.2.1. Zielbündel, Belastungs- und Nutzungsstrukturen Die herkömmliche Umweltökonomie sucht nach einem Optimum: Sie stellt den (sinkenden Grenz-) Nutzen der Umweltverschmutzung (Ausstoß von umweltbelastenden Gütern, die aber unser Wohlbefinden erhöhen) die (steigenden Grenz-) Kosten der Umweltverschmutzung gegenüber. Die Umweltbelastung soll zum Stillstand kommen, wenn die zusätzlichen Kosten der Umweltbeeinträchtigung den marginalen Nutzen der Umweltbelastung erreicht haben (Grenzkosten der Verschmutzung = Grenznutzen der Umweltbeeinträchtigung). Man orientiert sich in der Theorie also an Optimierungsüberlegungen, denen das Primat volkswirtschaftlicher Effizienz zugrunde liegt. Dies impliziert, dass ökonomische Instrumente zur Internalisierung externer Effekte so ausgestaltet sein sollten, dass die Vermeidungsaktivitäten dort durchgeführt werden, wo dies am kostengünstigsten geschehen kann. Die Auswirkungen eines Überschreitens kritischer Werte auf die Resilienz der Ökosysteme sind zumeist unklar. Ökosysteme können umkippen oder ihre Funktion nachhaltig verlieren. Will man der Nachwelt funktionierende ökologische Systeme als Option hinterlassen, müssen – entsprechend dem Gedanken des „Safe minimum standard“ daher bestimmte Schwellenwerte in ihrer Struktur beachtet werden (s. auch das Konzept der kritischen Nachhaltigkeit oben). Das Primat der Effizienz ist dann aber nicht mehr haltbar. Es geht nicht nur um Belastungsniveaus; v.a. sind Belastungsstrukturen zu steuern. Vermeidungsaktivitäten müssen ggfs. auch dann und dort vorgenommen werden, wenn und wo sie teuer sind. Nach der systemaren Leitwerttheorie stehen alle Leitwerte eines Systems in einem latenten Spannungsverhältnis zueinander. Die Überbetonung oder Vernachlässigung einzelner Leitwerte (hier: Effizienz) kann dazu führen, dass das gesamte System aus der Balance gerät und seine Funktions- bzw. Entwicklungs- und Überlebensfähigkeit verliert. Der dargestellte Konflikt zwischen Resilienz und Effizienz ist insoweit nur ein Spezialfall einer allgemeinen Gesetzmäßigkeit. Die Beurteilung von umwelt- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen unter dem Primat der Effizienz bedeutet weiter, dass denjenigen Arten und Formen, die dem Effizienzkriterium nicht in ausreichendem Maße genügen, die Daseinsberechtigung versagt wird. Finanziert werden effiziente, renditeträchtige Projekte; diejenigen Anwendungen, die ökologisch angemessen wären, kommen nicht zum Einsatz. Sinkt die Vielfalt an Systemelementen aber wegen der einseitigen Betonung des Leitwertes der Effizienz ab, so kann die Funktionsfähigkeit (instrumentelle Systeme) bzw. die Überlebens- und Entwicklungsfähigkeit (lebende Systeme) der jeweiligen Systeme beeinträchtigt werden. 1. Textauszug:
2. Empfehlenswert zu diesem Thema ist auch die (leider nur in englischer Sprache erstellte) Internetseite des Häretikers Steve Keen I.2.3. Das herrschende umweltökonomische Paradigma I.2.3.2. Darstellung des Property rights-Ansatzes Wir vertreten daher die These, dass die neoinstituionalistische Theorie vor allem Privilegien garantiert, die Rent-Seeking-Aktivitäten magisch anziehen. Solche Privilegien sollten in einer wettbewerblich organisierten Ordnung keinen Platz haben. Die Behauptung der universellen Superiorität des Privateigentums läuft auf die These vom „one size fits all“ hinaus. Dies kann dogmatische, ideologische Züge annehmen kann. Wir stellen die Gegenthese auf, dass es einer Vielfalt von Eigentumsformen bedarf, die situationsgerecht angewendet werden müssen. 1. Dirk Löhr, Eigentumsrechte und Allokationseffizienz, in: Fragen der Freiheit Heft 272 (IV/2005), S. 1-34.
2. Dirk Löhr, Wenn eine unsichtbare Hand nach der "Allmende" greift - eine Kritik der Property Rights-Theorie, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 155. Folge, 2007_ http://www.sozialoekonomie.info/ZfSO-155_Lohr.pdf I.2.3.4. Zur Bedeutung des Rentabilitätsprinzips Weitere Informationen: 1. Gerhard Scherhorn, "Das Finanzkapital zwischen Gier und Verantwortung", Zeitschrift für Sozialökonomie, April 2008, S. 3 ff.
2. Bernd Senf, "Geldfluss, Realwirtschaft und Finanzmärkte asu der Sicht verschiedener Wirtschaftstheorien", Zeitschrift für Sozialökonomie, April 2008, S. 14 ff.
3. Andreas Rams, "´Subprime´- Kreditkrise - finanz- und realwirtschaftliche Entwicklungen", Zeitschrift für Sozialökonomie, April 2008, S. 28 ff.
4. Eckhard Behrens, "Die Notenbanken, die Kapitalmärkte und der Boden", Zeitschrift für Sozialökonomie, April 2008, S. 35 ff.
I.2.4. Verteilungsgerechtigkeit Unser Buch orientiert sich daher normativ an dem Ideal der Herstellung gleicher Zugangschancen zu den natürlichen Ressourcen (was nicht unbedingt einer Gleichverteilung an Eigentumsrechten entspricht). I.3.1. Privatisierung von sog. "Allmendegütern"
Grund und Boden ist kein Wirtschaftsgut wie jedes andere. b. Gesetzt, die Planung wäre neutral und die Pläne wären gut, so würden sie doch durch die wirtschaftlichen Akteure konterkariert. In vielen Fällen ist es z.B. rational, ein Grundstück nicht oder nicht wie vorgesehen zu nutzen. Der Eigentümer eines gewerblichen Vorratsgrundstücks könnte dieses beispielsweise bebauen und vermieten. Dadurch "verbaut" er sich aber im Wortsinne anderweitige Nutzungsoptionen (z.B. für das Wachstum der eigenen Firma). Die alte Dame in einem viel zu großen Haus in einer Kleinstadt könnte leicht zusätzliche Mieter aufnehmen; vor dem Hintergrund des geltenden Mieterrechts ist die Unsicherheit jedoch sehr groß, ob sie die Mieter zu vertretbaren Kosten gegebenenfalls wieder los wird. Die Beispiele sind Legende. Es existiert kein richtiger Nutzungsdruck. Dies gilt auch für landwirtschaftliche Flächen, z.B. in Entwicklungsländern. Wenn langfristige Pachtverträge abgeschlossen werden, existiert kein Druck, das Land in Wert zu setzen. Dies verschärft die Landknappheit an anderer Stelle, oft mit desaströsen Folgen für die Umwelt (wenn Landlose und Landarme in geschützte Gebiete ausweichen müssen, um zu überleben). Die betreffenden Beispiele sind Legende. Die Behauptung der Neoinstitutionalisten, Privateigentum an Grund und Boden würde eine effiziente Bewirtschaftung garantieren, ist pure Ideologie. Land kann zudem nicht vermehrt werden; die Bodenrente kann nicht im Wege des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs angegriffen werden. Die oftmals vorgenommene Zusammenfassung von Boden und vermehrbarem Kapital zum Produktionsfaktor "Kapital" ist ebenfalls Ideologie; es wird suggeriert, dass bei Grund und Boden dieselben Gesetze wirksam sind wie bei anderen Wirtschaftsgütern. Weitere Informationen: 1. Dirk Löhr, External Costs as Driving Forces of Land Use Changes." Sustainability 2/2010, no. 4: 1035-1054 (in englischer Sprache), online: http://www.mdpi.com/2071-1050/2/4/1035/ 2. Beitrag von Ramonet (2/2009) zum aktuellen Agrarkolonialismus:
3. Vortrag von Fritz Andres "Wieviel Erde braucht der Mensch?" vom 4.6.2000 in Singen:
4. Elisabeth Meyer-Renschhausen "Bodenrechtsreform - Von den Anfängen bis zur Gegenwart", in Zeitschrift für Sozialökonomie, März 1999, S. 3 ff.
5. Elisabeth Meyer-Renschhausen, "Vom Boden, der uns ernährt", Zeitschrift für Sozialökonomie, September 2003, S. 12 ff.
6. Peter Conradi (SPD), "Ein soziales Bodenrecht - eine ungelöste / unlösbare Aufgabe?", in: Zeitschrift für Sozialökonomie, März 1999, S. 19 ff.
7. Hans Trein "Großgrundbesitz und Landlosenbewegung in Brasilien", Zeitschrift für Sozialökonomie Sept. 2003, S. 23 ff.
8. Armin Paasch, "Marktgestützte Landreformen: Eine Zwischenbilanz aus menschenrechtlicher Perspektive", Zeitschrift für Sozialökonomie, April 2006, S. 24 ff.
9. Dirk Löhr, Vortrag im Rahmen einer ERSEC-Konferenz im Oktober 2008 (Peking), in englischer Sprache:
10. Wilhelm Matzat, "Die deutsche Land- und Steuerordnung von Tsingtau und ihr Weiterwirken auf China", Zeitschrift für Sozialökonomie, März 1999, S. 10 ff.
11. Torsten Warner, "Die Landordnung von Tsingtau", Zeitschrift für Sozialökonomie, März 1999, S. 15 ff.
12. Fritz Andres, Zur Bodenfrage in Rußland :
13. Eckhard Behrens: - Das kommunale Erbbaurecht in neuer Sicht
- Das kommunale Erbbaurecht erleichtert die Stadtplanung
14. Fabian Thiel "Sharia-kompatibles Landmanagement für den Nahen und Mittleren Osten", Zeitschrift für Sozialökonomie, April 2008, S. 45 ff. :
15. Oliver Arndt, "Die Transformation des Bodenrechts auf den Malediven", Zeitschrift für Sozialökonomie, April 2008, S. 53 ff.
16. Fabian Thiel, "´Feeding a Growing Appetite for Land´ - Landpolitik in Afrika", Zeitschrift für Sozialökonomie, Juni 2007, S. 3 ff.
I.3.1.2. Handelbare Emissionsrechte und die Übertragung des Handelbare Emissionsrechte werden von den Umweltökonomen als effektives und effizientes Instrument gelobt. Möglich ist auch eine Verteilung, die dem Postulat der "Klimagerechtigkeit" entspricht. Sieht man allerdings ein wenig näher auf den Mechanismus, bleibt nicht mehr so viel von den Vorteilen übrig: a. Effektivität / ökologische Zielerreichung: Die Grundidee des Zertifikatehandels ist die Herstellung eines großen Ausmasses an Effizienz durch das Ausnutzen von unterschiedlichen Grenzvermeidungskosten. Um dies zu bewerkstelligen, bedarf es eines groß dimensionierten Regimes: Möglichst viel Teilnehmer (Dimension: Subjekte), möglichst viel einbezogene Treibhausgase (Dimension: Gegenstand), möglichst einen Handel über die Zeitschiene hinweg (Dimension: Zeit) und ein möglichst weiträumig dimensioniertes System (Raum). Dann kommt auch ein großer Markt zustande, der für den Handel von Verschmutzungsrechten unabdingbar ist. Im Rahmen der Flächenhaushaltspolitik ist die Notwendigkeit der Steuerung von Strukturen sehr offensichtlich. Es bedarf der Planung von Gewerbe-, Wohn-, Frei-, Verkehrsflächen etc. Weil über das oben beschriebene Handelssystem aber keine Strukturen gesteuert werden können, sind auch handelbare Flächenausweisungskontingente grundsätzlich für die Steuerung der Flächenneuinanspruchnahme ein ungeeignetes Instrumentarium. b. Effizienz / Ökonomie: Stützt sich das System auf ein Universalzertifikat, können keine Belastungsstrukturen gesteuert werden (s. oben). Von bestimmten Gasen wird mehr emittiert als für die Ökosysteme verträglich, von anderen weniger, als die Ökosysteme ohne Risiko aufnehmen könnten. Das "zu viel" und "zu wenig" bedeutet in jedem Fall Wohlfahrtsverluste gegenüber einem fiktiven Zustand, der sich an der Belastbarkeit der Ökosysteme orientiert. c. Verteilung / Zugang: Sowohl das Kyoto- wie das EU-Handelsregime folgte bei der Erstausstattung der Logik des Grandfathering. Im Rahmen des Kyoto-Systems bezog man sich beispielsweise bei der erstmaligen Zuteilung der Verschmutzungsrechte auf das Jahr 1990. Wer bis zu diesem Jahr die Atmosphäre durch Verschmutzung in hohem Maße okkupiert hatte (die westlichen Industriestaaten) sollte eine Bestandssicherung erhalten: Den betreffenden Staaten wurden entsprechend hohe Verschmutzungsrechte zugewiesen. Diejenigen Staaten, die die Okkupation der Atmosphäre "versäumt" hatten (oftmals ohne eigene Schuld, wie im Falle einiger ehemaliger Kolonien), erhielten nach dieser Logik entsprechend geringe Zuweisungen. Die Zustimmung zu diesem Mechanismus hätte für viele Entwicklungs- und Schwellenländer bedeutet, dass sie sich ihre Entwicklung von den westlichen Industriestaaten (welche die Klimamisere ja verursacht hatten) hätten erkaufen müssen. Die Lust, in diesen Mechanismus mit allen Pflichten eingebunden zu sein, war auf Seiten dieser Länder (allen voran China und Indien) entsprechend gering. Selbstverständlich wusste man, dass das Klimaproblem entweder nur weltweit (unter Einbeziehung von Staaten wie Indien und China) oder überhaupt nicht zu lösen ist. Um die betreffenden Staaten wenigstens "am Rande" noch einzubinden, erfand man den "Clean Development Mechanism" (CDM). Unternehmen aus Industriestaaten können in den betreffenden Schwellen- und Entwicklungsländern Projekte durchführen, die zu CO2-Minderungen führen sollen. Die betreffenden Unternehmen können sich Gutschriften erteilen lassen und diese in Verschmutzungsrechte umwandeln, die sie auch in den Heimatländern nutzen können. Der CDM-Mechanismus ist sehr stark unter Beschuss geraten: Es wird kritisiert, dass oftmals Projekte als "zusätzlich" (also CO2-sparend) zertifiziert werden, die auch ohne den entsprechenden Mechanismus durchgeführt worden wären. Es gibt schließlich Hinweise darauf, dass Schmutzindustrien nur zu dem einen Zweck hochgezogen werden, die Verschmutzung später einnahmewirksam wieder vermeiden zu können. Weitere Informationen: 1. Dirk Löhr, Cap and Trade – Kyoto in der Sackgasse, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 43. Jg., 150. Folge, September 2006, S. 10-22.
2. Lutz Wicke, "Das Versagen des Kyoto-Protokolls in seiner jetzigen Form und seine strukturelle Weiterentwicklung", Zeitschrift für Sozialökonomie, Septamber 2006, S. 3 ff.
3. Dirk Löhr, zusammen mit Jeff Chen, Kritik des Cap and Trade-Systems (chinesischer Titel), in: Chinese Academy for Environmental Planning (Hrsg.): Environmental Policy Research Series, Vol. 8 Nr. 9 / 2007.
4. Zur Kritik am CDM-Mechanismus: http://www.cdm-watch.org .... ab hier Dauerbaustelle ... I.3.1. Privatisierung von sog. "Allmendegütern" Dirk Löhr, Geistige Eigentumsrechte, Globalisierung und die Fortsetzung der Conquista, in: Fragen der Freiheit, H. 276 / September –Dezember 2006, S. 3-47.
Dirk Löhr, Wie eine „unsichtbare Hand“ nach der Allmende greift – Eine Kritik der Property-Rights-Theorie, in: Zeitschrift für Sozialökonomie, 44. Jg., 155. Folge, September 2007, S. 12 – 30.
Allgemein zur Kritik an den geistigen Eigentumsrechten s. auch den Report des Netzwerks freies Wissen, online lesbar unter: - gegen Patente auf Medikamente: http://www.bukopharma.de I.3.2. Der Gegenentwurf: Treuhänderschaft an Allmenderessourcen
Fabian Thiel, "´Property in Progress´: Grundsätze für eine globale zukunftsfähige Ressourcenhaushaltspolitik", Zeitschrift für Sozialökonomie, April 2006, S. 3 ff.
Eine potenziell geeignete Stelle, die Treuhänderschaft an solchen Ressourcen (als Gemeinschaftsgut) zu übernehmen, welche die gesamte Menschheit betreffen, stellt die UNO dar. Kritisch mit dem augenblicklichen Zustand der UNO befasst sich Udo-Ernst Simonis, "Strukturmängel und Reformbedarf der Umweltpolitik der Vereinten Nationen", Zeitschrift für Sozialökonomie Juni 2007, S. 17 ff.
I.3.4. Netzgebundene Monopole - natürliche Monopole Vorabveröffentlichung (Dirk Löhr) über die Privatisierung der Wasserversorgung:
Exemplarisch s. auch den Spiegel-Online-Artikel über das Stromnetz in den USA vom 15.08.2003: I.4. Globalisierung: Zur Struktur eines Aneignungsmechanismus Anders als in früheren Zeiten haben es v.a. die USA verstanden, ihre imperialistischen Bestrebungen weitgehend ohne den Einsatz von Militär zu verfolgen. Nachfolgend sehen Sie zwei Interviews des Aussteigers John Perkins ("Bekenntnisse eines Economic Hitman - Unterwegs im Dienst der Wirtschaftsmafia", "Weltmacht ohne Skrupel - Die dunkle Seite der Globalisierung"). Perkins beschreibt, wie Staaten der Dritten Welt planmäßig in die Verschuldung getrieben werden, um sie willfährig zu machen und den Zugang zu ihren Ressourcen zu sichern. http://de.youtube.com/watch?v=EK6B4Uogtso IWF und weltbank sind die dominanten, die Finanzseite des Globalisierungsprozesses prägenden Institutionen. Eine kritische Bestandsaufnahme hierzu bietet Thomas Betz, "IWF und Weltbank - Anspruch und Wirklichkeit", in: Zeitschrift für Sozialökonomie, März 2002, S. 17 ff.
Anhand des Beispiels Mosambik stellt Elisio Macamo die Problematik der Politik von Weltbank und IWF dar. Elisio Macamo, "Die Weltbank, der IWF und das Streben nach Perfektion in Mosambik", in: Zeitschrift für Sozialökonomie, März 2002, S. 34 ff.
Tilman Santarius, einer der Autoren von "Fair Future", fragt, ob es eine Fair Future durch Investment in Development geben kann. Aus: Zeitschrift für Sozialökonomie, September 2006, S. 36 ff.
Zum Thema Nahrungsmittelkrise und Biokraftstoffe s. den Powerpoint- Zum Thema "Externe Flächenbelegung - Import von Biomasse" s. die Präsentation von Dirk Löhr zu einem Vortrag, gehalten am 7.11.2008 im Rahmen der 8. Biomassetagung Rheinland-Pfalz am Umwelt-Campus Birkenfeld
Wenig umstritten sind die Schäden, die durch den Anbau von Palmöl als Energiepflanze verursacht werden. Hierzu s. die sog. "Palmölstudie" des Wuppertal- und des Ifeu-Instituts:
Ausgezeichnet ist der Artikel von Eric Holt-Giménez: Sprit vom Acker - Fünf Mythen vom Übergang zu Biokraftstoffen, aus: Le Monde Diplomatique, 8.6.2007: Zu den desaströsen Auswirkungen von Biomasseimporten in großem Stil, die fast neokolonialistische Züge tragen, s. auch
In jüngster Zeit setzt man angesichts der zunehmenden Flächennutzungskonkurrenz immer stärker auf "technologische" Lösungen. Hiermit sollen die schwerwiegendsten Fehlentwicklungen des Anbaus von Biomasse vermieden werden. Wir kritisieren derartige "technische Wege", die soziale und institutionelle Defizite nur mit technischen Mitteln lösen wollen (und weiter "Business as usual" betreiben zu können, u.a. in Kap. II.3.
Amnesty International zu Mißständen in Mali: Amnesty International zu Mißständen u.a. in Indien: http://www.amnesty.ch/de/aktuell/magazin/55/biotreibstoffe-indienSpiegel-Online kritisch zur Praxis westlicher Konzerne bezüglich des Jatropha-Anbaus: http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,576541,00.html Immer wieder stößt man auf die Behauptung, es stünden noch ausreichend "marginale" Flächen zum Anbau von Biomasse in Entwicklungs- und Schwellenländern zur Verfügung. Hiergegen die Studie der Gaia Foundation, von Biofuelwatch, the African Biodiversity Network, Salva La Selva, Watch Indonesia und EcoNexus "Agrofuels and the Myth of the Marginal Lands" (September 2008):
Ein interessanter Artikel von Grain () zum Agrofuel-Anbau in Indien, u.a. auch Jatropha betreffend:
Interessant ist das Gutachten von Joachim von Braun, The World Food Situation - New Driving Forces and Required Actions, International Food Policy Research Institute, Washington D.C., Dezember 2007. Interessant ist hierbei v.a. Figure 6, die den immer enger werdenden Zusammenhang zwischen den Preisen für fossilen Energieträgern und Biofuels aufzeigt. Ohne die wachsende Rolle von Biofuels ist dieser Zusammenhang kaum zu erklären.
Eine OECD-Studie enthält ebenfalls interessante Aussagen u.a. über den preislichen Zusammenhang von Nahrungsmitteln und Bioenergie:
Ein unverdächtiger Zeuge bezüglich des Zusammenhangs von Nahrungsmittelpreisen und dem Anbau von Biokraftstoffen ist die Weltbank. Anbei die "weichgewaschene Version", das World Bank Working Paper No 4682 vom Juli 2008. Die Ursprungsversion kursierte zunächst als inoffizielles Papier der Weltbank und löste heftige Kontroversen aus. In der vorliegenden offiziellen Version heißt es nur noch, dass der größere Teil (most of) der 70 bis 75 % des Preisanstiegs, der nicht auf die Dollarabwertung, steigende Düngemittelpreise und steigende Energiepreise zurückzuführen ist, durch die Flächenkonkurrenz erklärt werden könne.
Ebenso kann zu diesem Thema die Lektüre des kritischen Gutachtens des Wissenschaftlichen Beirats Agrarpolitik im Bundeslandwirtschaftsministerium empfohlen werden.
Ein neues Gutachten der Monopolkommission (2009) kritisiert das EEG, das den Biomasseboom wesentlich stimuliert hat.
Ein Sondergutachten des Sachverständigenrats für Umweltfragen (2007) kommt auch zu dem Schluss, dass das Thema "Biomasse" mit mehr Vorsicht und entschleunigt angegangen werden sollte:
Im Dezember 2008 erschien das Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen "Welt im Wandel - Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung". Das Arbeitsexemplar der Bundesregierung ist hier zum Herunterladen bereitgestellt.
Auch Greenpeace stellt sich in einer Stellungnahme zur Anhörung im Umweltausschuss des Deutschen Bundestags dezidiert gegen Überteibungen bei den Agrofuels und spricht sich gegen die Beimischungsquote aus:
Ein dezidierter Gegner von Agrofuels, soweit es zu einer Flächennutzungskonkurrenz mit Nahrungsmitteln kommt, ist der UNO-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler. Ziegler forderte ein Biotreibstoff-Moratorium. http://www.swissinfo.ch/ger/swissinfo.html?siteSect=109&sid=8306521 Kritisch auch der Beitrag des Umwelt- und Prognose-Instituts e.V. (UPI), u.a. auch die Biotreibstoffe der "zweiten Generation" betreffend: Interessante WebSites zum Thema Biofuels und Ernährung sind (leider nur in englischer Sprache): | |||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||